Kinderfasching

von Dr. Sybille Kuske

Kinderfasching
Kinderfasching 1974

Zu einer Zeit, als Berufe noch sichtbar waren und Helden ganz banal das Spiel beherrschten, brauchte es eigentlich keine Kostüme zum Glücklichsein. Auch ohne Federhaube hatten Indianer das ganze Jahr über Saison und einfache Stöcke wurden zu Schwertern im Kampf gegen Piraten oder feindliche Ritter.

Ritter, Schornsteinfeger, Rotkäppchen

Aber im Februar, ja im Februar, da gab es echte Kostüme für Ritter, Schornsteinfeger, Rotkäppchen, Sandmännchen und Blumen-Mariechen! Die kleinen Helden verkleideten sich mit ihren Lieblingskostümen – oder was die Mutter herrichtete – und trafen sich zum vereinbarten Zeitpunkt im großen Saal des Dorfes, wo ein ganzes Programm an aufregenden Ereignissen auf sie wartete.

Der große Saal befand sich in einem Flachbau gleich hinter der Dorfkneipe. Gleich rechts neben dem Eingang stand ein Kanonenofen. Dieser wurde im Winter so stark eingeheizt, dass das Ofenrohr zu glühen begann.

Die kleine Bar neben dem Ofen

Neben dem Ofen befand sich die kleine Bar. Von hier aus hatten Besucher den besten Blick auf die Bühne an der südlichen Wand des Saales. Tische und Stühle standen zu beiden Seiten des Parketts, das später Schauplatz für die Wettbewerbe werden sollte. Das Nachmittagslicht fiel durch die Fensterfront im Westen. Es roch nach kaltem Rauch, verbrannter Luft und Bohnerwachs.

Girlanden waren quer durch den Saal gespannt und bunte Papierschlangen hingen überall von den Lampen, an Bildern und auf den mit hellblauem Tuch bezogenen Tischen. Der Boden war mit Konfetti übersät. Die Bäcker hatten reichlich Bienenstich, Zucker- und Streuselkuchen geliefert, der nun gemeinsam mit den Pfannkuchen (die woanders Krapfen heißen) in regelmäßigen Abständen auf den Tischen standen. Wie das roch! Und wie schön bunt die Tische gedeckt waren! Es gab so viel zu schauen.

Der Duft von frischem Kuchen

Nun kann kein Kind der Welt dem Duft von frischem Kuchen widerstehen. Daher langten sie kräftig zu, während auf der Bühne Sketche gezeigt wurden, die damals groß in Mode waren.

Gleich nach dem Bühnenprogramm starteten die Wettbewerbe. Kinder wurden in Mannschaften eingeteilt und eiferten um den Sieg im Sackhüpfen und Eierlaufen, Becherwerfen oder Tauziehen. Jene Kinder, die nicht gerade im Wettkampf waren, fieberten vom Rande aus mit. Sie feuerten ihre Freunde an, lachten über Missgeschicke und beschwerten sich lauthals über vermeintlich ungerechtfertigte Entscheidungen. Die Sieger wurden mit Zeichenheften, Stiften, Spielpistolen oder anderen Sachen belohnt. Es war für alle ein großes Spektakel!

Die schönsten Kostüme

Und dann gab es noch die Auszeichnung für die schönsten Kostüme. Ich kann mich nicht mehr an die Kriterien erinnern. Aber ich weiß noch, wie stolz meine Freunde waren, wenn sie auf die Bühne geholt und für ihr Kostüm einen Preis mit nach Hause nehmen durften.

Ja, so war das damals. Im Dorf. Zu Fasching.

Dr. Sybille Kuske

Management ist das Handwerk von Dr. Sybille Kuske. Sie unterstützt mittelständische Unternehmen dabei, sich zukunftsfähig zu positionieren. Kunden-, Markt- und Trendanalysen sind ihr Metier, genau wie die Entwicklung von Geschäftsplänen und tragfähigen Entscheidungsgrundlagen.

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